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Negative Gefühle bei Kindern.
Ein Erfahrungsbericht

In diesem Beitrag geht es um ein Thema, welches mir ganz besonders am Herzen liegt: Negative Gefühle bei Kindern.

Wie können wir Eltern unseren Kindern zeigen, wie sie mit negativen Gefühlen umgehen können? Wie können wir ihnen helfen, diese negativen Gefühle zu durchleben und anzunehmen? Und wie können wir ihnen helfen, sie zu überwinden?

Gibt es „negative“ Gefühle überhaupt?

Ich setze „negative“ Gefühle gerne in Gänsefüßchen, denn eigentlich sind diese Emotionen positiv. Wir haben nur gelernt, dass sie schlecht sind.

Sie sind deshalb positiv, weil sie uns etwas zeigen möchten. Wir haben nur gelernt, wegzuschauen. Anstatt das zu tun, wofür sie eigentlich da sind: hinzuschauen.

Hinschauen ist genau das, wozu uns ein „negatives“ Gefühl auffordert.

Die meisten Erwachsenen können nicht besonders gut mit ihren eigenen negativen Gefühlen umgehen: Wir sind hilflos, wenn wir wütend werden. Wir ärgern uns über unsere eigene Angst. Oder verstehen eine plötzlich auftretende Trauer nicht. Hier gibt es für uns Erwachsene noch viel zu lernen.

„Negative“ Gefühle kommen von negativen Gedanken oder Denkmustern im Unterbewusstsein. Mehr davon kannst du in meinen Beiträgen „Denkst du schon positiv – oder nörgelst du noch“ und „Das Unterbewusstsein – Die unsichtbare Macht in dir“ nachlesen.

Die drei großen negativen Gefühle: Wut, Angst und Trauer

Wut, Angst und Trauer sind drei der mächtigsten „negativen“ Gefühle.

Selbstverständlich gibt es weitere Gefühlszustände, die wir als negativ empfinden (z. B. Neid, Gier, Hass, usw.). Die meisten negativen Gefühle basieren jedoch auf einem der oben genannten „großen drei“.
(Streng genommen können wir auch die Wut und die Trauer der Angst unterordnen.)

Wut

Wut ist eine Emotion, die von Erwachsenen oft bekämpft wird. Sie gilt als eine sehr negative und unangenehme Emotion, da wir der Wut unserer Mitmenschen direkt ausgesetzt sind.
Aber ist sie wirklich so negativ?

Als Kind lernen wird, dass Wut etwas Schlechtes ist:

Wenn wir zornig werden, bekommen wir dafür Kritik, werden weg geschickt oder ernten dafür ebenfalls Zorn unserer Mitmenschen.

Diese Einstellung der Wut gegenüber nehmen wir mit in unser Erwachsenenalter: Wir halten sie für etwas Schlechtes, verurteilen Wut bei unseren Mitmenschen (und Kindern) als Anzeichen mangelnder Selbstkontrolle.

Wir unterdrücken unsere eigene Wut – gelingt es mal nicht, haben wir ein schlechtes Gewissen. Schließlich hat man uns beigebracht, dass wir uns zu beherrschen haben.

Unser Unterbewusstsein hat die Erfahrung mit der Wut von Beginn unseres Lebens an immer als „schlecht“ abgespeichert. Und dies im Laufe der Jahre immer wieder bestätigt bekommen.

Doch Wut ist eigentlich nichts weiter als situationsbedingte Hilflosigkeit. Ein Kurzschluss im Gehirn, weil wir nicht weiterwissen.

In der Wut verliert der Mensch seine Intelligenz

Wir dürfen wütend sein.

Und wir dürfen uns fragen, warum wir wütend sind und was diese Wut ausgelöst hat.

Unsere Kinder brauchen hierfür Verständnis und Anleitung zur Selbsthilfe.

Angst

Die Angst ist eines der mächtigsten Ur-Gefühle.

Sie kann offensichtlich sein oder so tief liegen, dass wir selbst manchmal nicht erkennen, woher sie kommt oder wovor wir uns fürchten.

Es kann sich um eine allgemein anerkannte Angst handeln: Menschen mit Flugangst oder Angst vor Spinnen begegnen uns im Alltag häufiger. Die meisten Menschen haben dafür Verständnis oder leiden sogar selbst darunter.

Es kann sich aber auch um eine Angst handeln, mit der Menschen schnell überfordert sind oder die auf allgemeines Unverständnis stößt: Angst vor Krankheiten, Angst vor dem nächsten Tag, Angst das Haus zu verlassen.

Die Angst kann sich subtil äußern und keinen Verlust an Lebensqualität zur Folge haben. Ein Mensch mit einer normalen Arachnophobie wird sich kurz ekeln und dann den Staubsauger holen, um die Spinne zu beseitigen.

Aber die Angst kann auch so weit gehen, dass sie pathologisch wird. Hierbei handelt es sich um das andere Extrem: Hier wird die Angst körperlich nachweisbar, wie man es von Panikattacken kennt.

Die Angst wird bereits im Kindesalter so ungünstig geprägt, dass wir auch als Erwachsene oft nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen.

Das Resultat: Immer mehr Menschen leiden unter Panikattacken, weil sie nicht wissen, wohin mit ihrer Angst.

Trauer

Die Trauer begegnet uns allen regelmäßig in unserem Leben.

Trauer ist meist an einen Verlust eines Menschen oder an einen Gegenstand gebunden.

In der Regel stoßen wir bei dem Gefühl der Trauer auf das meiste Verständnis und die größte Akzeptanz durch unser Umfeld. Vor allem dann, wenn die Trauer offensichtlich und für alle nachvollziehbar ist (wie zum Beispiel beim Tod eines Familienangehörigen).

Aber auch nur dann, wenn die Trauer die „normale“ Intensität und Dauer nicht überschreitet.

Trauer kann Kinder sehr belasten. Vor allem, wenn sie auf wenig Verständnis bei den Eltern stoßen. Oder wenn die Kinder über ihre Trauer nicht offen sprechen können oder sprechen wollen.

Negative Gefühle bei Kindern-Pinterest

Negative Gefühle – so wurden sie unsere Freunde!

Wie sehr mein eigenes Handeln, Denken und Sprechen von ungünstigen Denkmustern geprägt war, habe ich im Jahr 2018 an meinem eigenen Kind festgestellt.

Es waren die letzten Monate meines Sohnes im Kindergarten. Die Einschulung stand bevor und die Kinder wurden auf den Schulalltag vorbereitet. Die Vorschulkinder hatten ihr eigenes Programm: Tests, Lernspiele, Kennenlernen der Schule und der ersten Lehrer. Kurz: Die Anforderungen wuchsen enorm.

Und damit auch die Angst, etwas falsch zu machen, für Fehler bestraft zu werden, unzureichend zu sein.

Als Eltern finden wir das, was unsere Kinder leisten, super. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass unsere Kinder die Schulzeit locker schaffen können. Klar.

Und genau das sagte ich ihm auch – gemeinsam mit der Floskel „Du brauchst doch keine Angst zu haben„. – Argh. Ein Fehler. Heute weiß ich das.

Natürlich hatte ich damit keinen Erfolg. Diese Aussage half meinem Kind absolut null.

Leider benötigte ich einige Zeit, um das zu erkennen. Schließlich hatte ich als Kind dasselbe immer und immer wieder gehört.

Ich kannte schlichtweg keine andere Antwort auf die Aussage „Ich habe Angst“, als zu sagen: „Du brauchst doch keine Angst zu haben!“ – und ich meinte es gut. Denn das war mein Horizont und meine Erfahrung als Erwachsener: Vor der Schulzeit brauchst du dich nicht zu fürchten.

Aber habe ich das als Kind auch so gesehen?

Mein Sohn hatte fürchterliche Angst davor, im Kindergarten Fehler zu machen (und dafür Ärger zu bekommen). So sehr, dass die Zu-Bett-Geh-Zeit abends nicht mehr ohne Tränen und mindestens 15-minütigem Trösten ablief.

Da erkannte ich, dass ich das, was ich ihm sagte, ändern musste.

Also dachte ich darüber nach, wie ich mich als Kind gefühlt hatte und wie sich mein Kind nun fühlte: Gelähmt von der Angst vor all dem Neuen, was nun kam. Ängstlich, nicht gut genug zu sein für all die neuen Anforderungen.

Und dann stellte ich mir vor, wie ich als dieses angst-geschüttelte Kind diesen Satz zu hören bekam: „Du brauchst doch keine Angst zu haben“ – und ich fühlte mich vollkommen unverstanden. So als ob meine Angst etwas Abnormales und Unverständliches ist.

Und dann änderte ich meine Strategie.

Ab sofort lief das abendliche Zu-Bett-Gehen anders ab:

Als das Thema Angst aufkam, setzte ich mich zu meinem Sohn ins Bett und sagte sinngemäß folgendes:

„Ich kann dich total gut verstehen. Als ich sechs war, hatte ich auch Angst vor der Schule. Soll ich dir mal erzählen, was ich alles gemacht habe?“ – Große verweinte Augen sahen mich an und warteten gespannt auf meine Geschichte.

Also erzählte ich ihm, wie ich solche Angst in der Schule hatte, dass ich mich in den Pausen im Schulhaus versteckt hatte, weil ich mich nicht getraut hatte, auf den Schulhof zu gehen.

Ich erzählte, dass mir meine kleine (!) Schwester immer etwas vom Bäcker kaufen musste, weil ich mich nicht selbst getraut hatte – lieber wäre ich verhungert.

Und ich erzählte ihm, dass ich mich im Stuhlkreis nie zu reden getraut hatte. Dass ich sogar schlechte Noten für meine Mitarbeit bekam, weil ich mich nie meldete.

Mein Kind lachte schallend. „Du, Mama? Wirklich?“

Es war wichtig für ihn zu hören, dass Menschen, die er für stark und tapfer hält, ebenfalls mit Ängsten zu tun haben oder hatten. Dass das etwas völlig normales ist. Und dass er nicht allein ist mit diesen Gefühlen.

Auch der stärkste Mann schaut einmal unters Bett

Zusätzlich zu den Gesprächen kaufte ich ihm die Kinder-Meditations-CD von Robert Betz „Meine Gefühle werden meine Freunde„. Über Wochen wollte er diese CD abends beim Einschlafen hören. Er hörte sie nie zu Ende, er schlief immer dabei ein. Aber sie tat ihm gut.

Das Thema Angst vor dem Kindergarten und der Schule, dass uns zuvor monatelang beschäftigt hatte, war für meinen Sohn drei bis vier Wochen nach meiner „Erkenntnis“ erledigt.


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Fazit: Was wir daraus gelernt haben

Seit dieser Erfahrung versuche ich auf alle negativen Gefühle meiner Kinder, egal ob es sich um Wut, Trauer oder Angst handelt, mit Verständnis zu reagieren. Das gelingt mir meistens, aber nicht immer!

Manchmal kommt dann auch das kleine Kind in mir wieder hoch und fängt an zu streiten. (Wir alle sind Menschen mit Emotionen und kleinen Kindern in uns! 😉 )

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele Konfrontationen mit dem Satz „Ich verstehe dich“ abschwächen oder sogar ganz vermeiden lassen.

Das ist auch nicht gelogen. Mit etwas Empathie kann man sich in jedes negative Gefühl anderer Menschen hineinversetzen. Und ich verstehe es wirklich, wenn Kinder wütend werden, wenn sie aufräumen sollen. (Mein kleines Kind in mir möchte sich manchmal auch zappelnd und heulend am Boden wälzen, wenn der wöchentliche Putztag ansteht.)

Kinder (und Erwachsene!) beruhigen sich rasch, wenn sie merken, dass sie verstanden werden. Außerdem gibst du ihnen so das Gefühl, dass ihre Gefühle voll okay sind. Und das sind sie doch auch.

Der offene Umgang mit negativen Gefühlen hilft deinem Kind: sprecht einfach darüber. Egal, wie banal dir das Gefühl auch vorkommt. Egal, ob du es in diesem Moment verstehen kannst oder nicht: Für dein Kind ist es bedeutend. Es verdient, dass du hinschaust, zuhörst und die Probleme ernst nimmst.

Versuche das nächste Mal, wenn dein Kind wütend, ängstlich oder traurig wird, das kleine Kind in dir selbst wachzurufen. Und ja, es ist noch da. Fühl mal: Was braucht das Kind jetzt? Was fehlt ihm?

Ich gebe zu: Es erfordert Übung und ich gestatte mir auch meine eigenen Emotionen zu haben und zu zeigen. In Mamas und Papas wüten manchmal auch Wut, Angst und Trauer. Das dürfen Kinder auch lernen. Das gehört meiner Meinung nach dazu, wenn man Kindern den Schrecken vor negativen Emotionen nehmen möchte:

Jeder Mensch hat gelegentlich negative Gefühle – das ist normal und vollkommen okay.

Ich möchte dir die Meditations-CD für Kinder von Robert Betz ans Herz legen (vor allem, wenn auch du gerade in einer Phase steckst, in der eine bestimmte Emotion ein Thema ist).

Es ist so wertvoll, wenn man lernt, die eigenen Gefühle zu akzeptieren und auch wertzuschätzen – und das gilt nicht nur für Kinder.

Wie gehst du mit der Angst, Wut und Trauer in dir oder in deinen Kindern um? Welche Erfahrungen hast du gemacht?

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